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CORE — Zentrierung durch eine starke Körpermitte.

Früher hieß es Bauchmuskelübungen, heute heißt es Core. Woran liegt das? An einem geschickten Rebranding aus der Marketingbranche, weil nach mehreren Jahrzehnten Quälerei keiner mehr Lust auf gymnastische Übungen hatte, bei denen man sich aus der Rückenlage heraus, ohne Zuhilfenahme der Arme, aufsetzen soll? Da heißt es besser Sit-up! Das klingt sportlich und modern. Nein! Was steckt dahinter? Warum trainieren wir den Core?


Der Begriff "Core" kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt "Körpermitte". Gemeint sind damit alle Muskeln, die unseren Rumpf auf Höhe des Bauchraums formen, also im wesentlichen: die Bauch- und untere Rückenmuskulatur, aber auch der Beckenboden und das Zwerchfell (als obere und untere Abgrenzung des Bauchraums).


Dass man heute den Core trainiert, ist auf die neusten Erkenntnisse des funktionellen Trainings zurückzuführen. Dazu kommen wir gleich. Funktionelles Training bedeutet erstmal eine Sportart, oder Bewegungsausführung, bei der der Körper so eingesetzt wird, wie er anatomisch-physiologisch konzipiert wurde, also entsprechend seiner vorgesehenen Funktion!

Um ein Beispiel zu nennen: Sich im Fitnessstudio in eine Beinpresse zu setzten, ist daher nicht funktionell, da wir, mehr oder weniger isoliert, eine Muskelgruppe ansprechen (was in Alltagsbewegungen seltenst der Fall ist!) und dies auf eine biomechanisch ungünstige oder sogar unphysiologische Art tun.


Denn die Anatomie, genauer die Gelenkflächen des Knies, sind streng genommen nicht wie ein reines Scharniergelenk geformt, was notwendig wäre um eine Beugebewegung, wie die in der Beinpresse durchführen zu können. Außerdem sind da noch die Kreuzbänder! In einer korrekten, also schonenden oder anatomisch-physiologisch sinnvollen Bewegungsausführung, passiert in der Streckbewegung des Knies folgendes mit den Kreuzbändern:


Die Kreuzbänder sind erstmal dafür da unsere Knie zu stabilisieren. Bei jeder Streckung (ob funktionell oder nicht), werden die Kreuzbänder unter Zug gesetzt. Um nicht überstrapaziert zu werden, bzw. um eine maximale Streckung im Knie zu ermöglichen, wird das Knie dann (d.h. auf den letzten Millimetern der endgradigen Streckung) leicht in die Außenrotation gebracht, ca. 5 Grad. Dadurch, wie die Kreuzbänder in unserem Knie anatomisch angelegt sind, bewirkt diese 5-gradige Außenrotation eine "Entwirrung", der sonst um sich verdrehten Kreuzbänder, was sie wiederum funktionell verlängert und dem Knie damit ein paar Grad mehr Streckung ermöglicht! Genial konzipiert! Bei der Beinpresse aber leider nicht berücksichtigt. Schade. So viel zum funktionellen Training. Diesem haben wir also zu verdanken, dass wir nicht mehr Bauchmuskeltraining sondern Core sagen. Warum? Warum sollten wir den Core trainieren? Wieder eine funktionelle Erklärung:


Man hat festgestellt, dass der Core die zentrale Struktur ist, um Alltags- (also funktionelle!) Bewegungen zu stabilisieren und damit unsere Gelenke, besonders die der Wirbelsäule, vor übermäßiger Abnutzung und Verletzungen zu schützen.


Nehmen wir das simple Beispiel des Gehens:

Wenn wir gehen, wird die Wirbelsäule bei jedem Schritt um ihre Längsachse rotiert und im Bereich der Lendenwirbelsäule zusätzlich noch zur Seite geneigt. Diese komplexe Bewegung steuern wir nicht bewusst. Jedoch ist sie essentiell für unsere Statik, das Gleichgewicht, die einwandfreie Funktion der benachbarten Gelenke und am Ende sogar für unsere inneren Organe (aber das würde den Rahmen des Artikels sprengen).


Die stabilisierende Rolle des Cores ist hierbei ähnlich zu beschreiben, wie die Funktion eines Soft-Close-Mechanismus, den man aus moderneren Einbauküchen kennt. Er sorgt für das kontrollierte und damit leise Schließen der Schublade. Mit unserer Wirbelsäule und der Core-Muskulatur ist es ähnlich: Der Core sorgt dafür, dass die Bewegung der einzelnen Wirbelsegmente kontrolliert abläuft und schützt so die Gelenke vor zu abrupten und extremen Bewegungen, welche zu einem Gewebeschaden führen könnten.


Folgen einer mangelnden Core-Kraft beeinflussen unteranderem unsere Atmung, Statik, und Verdauung sowie unser Lymph- und Bewegungssystem. Die häufigsten Beschwerden, wie die Erfahrung aus der osteopathischen Praxis zeigt, sind dabei Rückenschmerzen (besonders im unteren Bereich), Knieschmerzen, Ischias- und Hüftprobleme sowie ISG-Blockaden. All das kann ein gestärkter Core verhindern!


Wie faszinierend ist unser menschlicher Organismus: Ein Meisterwerk aus kunstvoll filigranen Strukturen, die ineinandergreifen, um uns ein intensives Leben voller Freude an der Bewegung zu ermöglichen! Wenn das keine Motivation für unser Training ist!


Ein wunderbares, funktionelles Training, welches ich meinen Patient/innen aus eigener Überzeugung immer wieder empfehle, ist das Yoga.

Dadurch, dass Yoga nicht nur unsere Flexibilität, sondern auch eine Kombination aus Kraft und Balance trainiert, spricht es besonders den Core an. Denn eine gestärkte Körpermitte ist Voraussetzung für ein stabiles Gleichgewicht. Das liegt daran, dass der Core unteranderem dafür zuständig ist, im Alltag alle möglichen Bewegungen des Rumpfes gegenüber dem Beckenring zu stabilisiert. Das sehen wir daran, wenn wir im Sitzen einnicken und unser Oberkörper zur Seite sackt. Hier wurde durch den Schlaf die neurologische Ansteuerung für die Haltefunktion des Cores unterdrückt, wodurch der Oberkörper sofort der Schwerkraft folgt.


Hinzu kommt, dass Yoga ein wunderbar effektives Beckenboden-Trainings darstellt, wieder dank des Gleichgewichtsaspekts. Alle Asanas, die unsere Balance schulen, trainieren immer auch den Beckenboden und somit einen Teil unseres Cores! Das liegt daran, dass ein stabiles Gleichgewicht eine feine, motorische Ansteuerung des Beckenbodens erfordert. Dieser ist wie eine Art muskuläre Hängematte zwischen unserem Beckenring (genauer dem Kreuzbein und den Darmbeinschaufeln) aufgespannt. Da sich an der Aussenseite des Beckenrings die knöchernen Gelenkflächen unserer Hüften befinden, besteht hier biomechanisch eine direkte Verbindung zum Bein, zu unserem Stand und damit zu unserem Gleichgewicht.


Zu guter Letzt wird in den Asanas ein starker Fokus auf die Atmung gelegt. Da alle Core-Muskeln auch zu der sogenannten Atemhilfsmuskulatur zählen, also zu den Muskeln, die die Lungenflügel mit jedem Atemzug aktiv weiten und komprimieren, trainiert das Yoga über die Atmung auch den Core.


Mein Fazit:

Yoga ist eine wunderbare Weise, über eine gestärkte Körpermitte zu mehr Zentrierung und Balance zu gelangen, freier zu Atmen und seinen Körper vor potentiellen, durch Bewegungseinschränkungen erzeugten, Schmerzen zu schützen. Ganz nach dem Motto: Sei Dein eigener Therapeut.

Namaste. Dich faszinieren die funktionellen Zusammenhänge unseres Körpers und Du willst mehr aktuelles Wissen über ganzheitliche Gesundheit, Ernährung und Bewegung sammeln? Dann schaue gerne auf unserem Blog vorbei oder komm uns in unserer osteopathischen Praxis besuchen!




Foto einer Figur aus Holz.
Zentrierung durch eine starke Körpermitte.

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